wie erziehe ich mein kind richtig„Good enough“ soll eine Mutter sein, also ausreichend gut. So beschrieb es der bei Fachpersonen bekannte und angesehene Kinderarzt und Kindertherapeut Dr. Donald Winnicott bereits 1953.

Denn eine „ausreichend gute Mutter“ sei in der Lage zugleich auf die Bedürfnisse des Babys einzugehen und sich aus der engen Verbindung zum Kind zu lösen.
Eltern müssen also nicht perfekt sein, im Gegenteil; es geht darum, dass Eltern „nur“ ausreichend gut sein müssen und auch mal scheitern dürfen. Doch warum ist das für Kinder aber auch für Erwachsene so wichtig? Einige Gründe, die Sie als Eltern wissen sollten.

Wie erziehe ich mein Kind richtig und warum Fehler dazu gehören

 

Müssen wir perfekt sein?

Perfekte Vorbilder kann man nicht lieben; sie sind uns weniger sympathisch und wir lernen von ihnen weniger gern, das zumindest belegen Sozialpsychologische Studien.

Das ist doch irgendwie einleuchtend: Wie sollte ich jemandem nacheifern, der sowieso alles besser kann als ich?

Was heisst hier eigentlich scheitern?

Wir sollten nicht zu hohe Ansprüche an uns selber haben, denn das macht nur uns selber und die Kinder unglücklich. Mal „weniger perfekt“ sein, kann sehr entlastend sein.

Auch das kennen wir: Wir sind die besseren Eltern, wenn wir entspannt sind.

Viele Eltern fühlen sich jedoch gestresst, weil sie ihre eigenen hohen Ansprüche oder soziale Erwartungen erfüllen wollen. Dabei bleiben jedoch die eigenen Bedürfnisse (nach etwas Ruhe oder Zeit für sich) oder die Bedürfnisse des Partners allzu oft auf der Strecke.

Wenn das Abendessen also nicht unseren Vorstellungen einer perfekten Mahlzeit entspricht und die Wohnung einmal weniger gesaugt ist, wir dafür etwas Zeit für uns oder die Kinder hatten, dann sind wir nicht gescheitert! Erinnern Sie sich: Es braucht nur „good enough“ – Eltern!

 

Eltern sind Vorbilder, aber keine Übermenschen.

Wir handeln auch vorbildlich, wenn wir uns für unsere Fehler entschuldigen. So können Eltern dem Kind zeigen, wie man mit Misserfolgen oder Fehlern umgehen kann. Wichtig ist, dass wir authentisch sind und zu unseren Fehler stehen.

Wenn Eltern sich für eigene Fehler oder zum Beispiel emotionale Ausbrüche entschuldigen, sind sie die besten Vorbilder und bekommen von ihren Kindern Respekt.


Hier eine ganz spannende Diskussion zum Thema: Wie erziehe ich mein Kind richtig?

Planet Wissen – Wie erziehe ich mein Kind?


 

Warum Scheitern Kinder weiterbringt

Kinder müssen unglaublich viel lernen und in allen Lernbereichen (Sprache, Motorik, …) müssen sie ausprobieren, üben und Fehler machen.

Dies scheint uns aber in manchen Bereichen wie beispielsweise im Bewegungsbereich verständlicher als in anderen Bereichen. Sehen wir es mal so: Wir verstehen ganz gut, dass das Kind nicht grad einfach so aufs Fahrrad sitzen und losfahren kann.

Wir akzeptieren seine Unsicherheiten, trösten es bei Stürzen und halten es so lange wie nötig, lassen aber auch los, damit es gelingen kann. In anderen Bereichen, insbesondere wenn es darum geht, Verantwortung zu übernehmen, scheinen wir weniger tolerant.

Dabei geht es doch um dasselbe Prinzip: Kinder brauchen viele Möglichkeiten um üben und zeigen zu können, ob sie die Verantwortung in einer bestimmten Situation schon übernehmen können oder eher nicht.

Sie brauchen auch in diesem Bereich positives Zusprechen (das schaffst du schon, du kannst alleine an der Kasse bezahlen), Halt (wenn es nicht klappt, bin ich in der Nähe) und auch die „Erlaubnis“ Scheitern zu dürfen. Und sie sollten auch mal „hinfallen“ dürfen, ohne dass sie oder wir den Mut und das Vertrauen in sie verlieren.

Das Fazit ist einleuchtend: 

Wir Menschen lernen aus Fehlern.

„Erfahrungen sammeln, heisst Fehler begehen“ H.G. Wells

Wie erziehe ich mein Kind richtig? – Es braucht Mut

Das bedeutet, dass wir den Mut haben sollten, die Kinder ihre Erfahrungen machen zu lassen. Natürlich können wir nicht blind zusehen, wie ein Kind einfach auf die Strasse rennt, das ist damit nicht gemeint. Aber wir können es nicht vor allem Unheil bewahren, und wir möchten ihm ja auch vermitteln, dass es selber lernen sollte abzuschätzen, was es sich zutrauen kann und was nicht (Selbstverantwortung übernehmen), was gefährlich ist und was nicht.

Die Idee ist nicht neu

Janus Korczak, ein bedeutender Reformpädagoge, der bereits im Jahre 1919 eine Charta der Menschenrechte für Kinder aufstellte (noch bevor der Völkerbund in Genf 1924 in einer „Erklärung der Kinderrechte“ diese Absicht dokumentierte) sprach sich aus für „das Recht des Kindes auf seinen Tod“. Und meinte damit im Grunde das Recht des Kindes zu leben: “Aus Furcht, der Tod könnte uns das Kind entreissen, entziehen wir es dem Leben; um seinen Tod zu verhindern, lassen wir es nicht richtig leben” (Korczak). Er spricht damit etwas an, dass uns heute bekannt ist unter dem Begriff Überbehütung.

Und da sind wir wieder bei der perfekten Mutter, dem perfekten Vater, die alles richtig machen wollen, aus Angst Fehler zu machen, aus Angst dem Kind Schaden zuzufügen. Leben heisst aber, Fehler zu machen, Schmerz und Not zu erfahren. Narben am Knie sind Kennzeichen eines gelebten Lebens. Je mehr Zutrauen ein Kind erfährt, desto eigenverantwortlicher wird es handeln und sich vom Erwachsenen ablösen können.

Ein englisches Sprichwort sagt:

Angst ist ein schlechter Ratgeber.

Ich würde hier ergänzen:

Angst ist ein schlechter Erzieher.

Wann ist man ein guter Erzieher?

Eine mögliche Antwort auf die schwierige Frage, was oder wer denn ein guter Erzieher ist, finden wir ebenfalls bei Janus Korczak:

Es ist ein Mensch, der sich selber sehr gut kennt, aber vor allem bereit ist, über sich selber nachzudenken und sich selber immer wieder zu „erziehen“.

„Erziehe dich selbst, bevor du Kinder zu erziehen trachtest“ Janusz Korczak (1878-1942)


Hier finden Sie 20 Reflexions-Fragen, die Ihnen helfen können über sich und Ihren Erziehungsstil nachzudenken.

wie erziehe ich mein kind richtig I

20 Reflexionsfragen

 


Hier noch ein empfehlenswerter WirEltern – Artikel: „Der deutsche Hirnforscher Gerald Hüther ist ein Verfechter des Rechtes von Kindern auf eigene Erfahrungen. Auch auf schlechte.“ WirEltern hat ein spannendes Interview mit ihm geführt.

Ihre
Sara Michalik

Was meinen Sie, ist es überhaupt legitim über das Scheitern zu sprechen?


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