Kristiane Marx

Wir haben das einfach geändert. Die Lebenspläne komplett umgeworfen und ich habe dann erstmal gesagt: “Okay, dann ist jetzt erstmal Kinder angesagt”. Und war dann sechs Jahre Vollzeit-Mama.

 

Kristiane erzählt im Interview:

  • Ich war 6 Jahre Vollzeitmama
  • Ihr persönlicher Weg von einer Ideenschlueder zur mehr Lebensfreude
  • „Ich habe dieses strukturierte in mir, ich habe mir einfach ein neues Leben kreiert“
  • Warum Sie sich auch manchmal als Alleinerziehende Mutter gefühlt hat
  • Es gibt bei uns Mama-Regeln und es gibt Papa-Regeln

Aber jetzt endlich zum Podcast!


Kristiane Marx: Vom Ideenchaos zur Lebensfreude [026] jetzt hören

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Shownotes:

Kristiane unterstützt die Ideenchaoten dieser Welt, die sich oft mit ihren vielen tollen Ideen, erschlagen und überfordert fühlen. In gemeinsamen Brainstorms werden Ideen gesammelt, sortiert und priorisiert.
Sie zeigt  die unterschiedlichsten Werkzeuge und Strategien zur Umsetzung, Tipps zur Alltagsorganisation  und Tools für ein stabiles Mindset als Voraussetzung.

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Ich lese lieber:

Transkript:

PETER: Mein heutiger Interviewgast bei Eltern-Podcast ist Kristiane aus dem wunderschönen Baden-Württemberg und sie wohnt, soviel ich weiß, in der Nähe von Heidelberg, in Nußloch. Hallo Kristiane!

KRISTIANE: Hallo!

PETER: Es freut mich, dass du heute beim Eltern-Podcast dabei bist. Und ich komme gleich zu der ersten Frage. Erzähl uns doch erstmal wer du bist, was du machst und wie viele Kinder du hast.

KRISTIANE: Ja, erstmal vielen Dank für die Einladung zum Interview, lieber Peter. Und ich bin eine Ideenschleuder, die die Erfahrung gemacht, dass es davon ganz viel gibt, aber manche Menschen schleudern nicht nur Ideen, sondern da ist das mit Chaos verbunden, die sogenannten Ideenchaoten oder Menschen mit tausend Ideen im Kopf. Und die unterstütze ich dabei, dass ihre Ideen auch den Weg auf die Straße finden, ins reale Leben, und mache es einfach wirklich, dass die Ideen nicht nur in den Köpfen bleiben, weil sie manchmal bei solchen Menschen mit vielen Ideen einfach im Kopf bleiben, weil sie so viel sind, dass sie lähmen, hemmen, sich nicht mehr gut anfühlen, und dann bin ich da und sage, “Hey, so machen wir das. Wir können sortieren, erfassen, unterstützen, und brainstormen zusammen.”, und dann werden die Ideen auch Erfolge.

PETER: Das kommt mir sehr bekannt vor. Ich bin auch so eine Ideenschleuder. Man sagt dazu auch “Unternehmer ADHS”.

KRISTIANE: Genau.

PETER: Was mich noch interessieren würde: Wie viele Kinder hast du?

KRISTIANE: Ich habe drei Kinder. Die sind in zwischen 13, 14 und 16.

PETER: Das heißt die sind so//

KRISTIANE: Drei Pubertiere. (lacht)

PETER: //im Ablösungsprozess.

KRISTIANE: Ja, ja, also an manchen Tagen habe ich das Gefühl, sie sind schon erwachsen. Und an anderen Tagen meine ich, ich müsste noch Windeln wechseln. Also wie das bei Pubertierenden so manchmal ist. (lacht)

PETER: Ja, das ist spannend. Und da komme ich gleich zu der nächsten Frage: Was hat sich in deinem Leben durch die Kinder verändert?

KRISTIANE: Oh, ganz viel. Also, ich sage mal so. Ich habe mich immer als spätgebärend empfunden mit 29 und habe dann in drei Jahren drei Kinder bekommen, war noch nicht so lang im Berufsleben, weil ich ein Wendekind war und mehrere Umwege in der Ausbildung hatte. Hatte das Studium abgeschlossen und habe dann als Projektleiter für Schadstoffsanierung in der Baubranche gearbeitet. Und hatte den Kinderwunsch, also das war bei uns alles geplant und wohl überlegt, wie das bei Ingenieuren so ist. Aber wie es bei Ingenieuren auch so ist, man kann nicht alles planen. Und es hat sich dann einfach dahingehend geändert, dass ich Wendekind aus der DDR kommend, gedacht habe, ich kann Kinder haben und arbeiten. Und musste dann aber feststellen, dass das so einfach (unverständlich) nicht werden sollte wie ich mir das vorgestellt hatte. Weil es einfach auch damals noch so war, dass vor 16 Jahren die Kinderbetreuung noch nicht so ausgebaut war wie das heute der Fall ist und, obwohl ich Vollakademiker war, hätte glaube ich fünfzig, nein mehr als fünfzig Prozent meines Einkommens, die Kinderbetreuung aufgefressen. Und beim ersten Gespräch in dieser Kindertagesstätte habe ich gedacht, ich muss das Ding kaufen. Aber ich wollte eigentlich nur mein Kind betreuen lassen und dann haben wir ganz schnell überlegt, wie wir das jetzt machen und ich bin dann doch drei Jahre in Elternzeit gegangen. Und wir haben das dann einfach geändert. Die Lebenspläne komplett umgeworfen und ich habe dann erstmal gesagt: “Okay, dann ist jetzt erstmal Kinder angesagt”. Und ich war sechs Jahre Vollzeit-Mama.

PETER: Sechs Jahre? Also sechs Jahre warst du zu Hause?

KRISTIANE: Ja. Ja. Ich habe dann, als der Jüngste zwei war, habe ich dann schon angefangen zu jobben, Wochenmarkt zu machen, und hier und da mal einen kleinen Job anzunehmen. Aber ich bin halt wirklich erst, als der Jüngste dann drei war, bin ich dann wirklich Teilzeit zurück, aber richtig war es nicht. Also 2001 bin ich ausgestiegen. Und 2003 bin ich zwar wieder zurück, aber nur im geringen Maß. Also ich war drei Jahre richtig, richtig hört sich irgendwie komisch an, also war ich zu Hause und habe dann in Teilzeit wieder angefangen zu arbeiten.

PETER: Und wie war das für dich der Wechsel vom Vollzeit-Berufsleben in Vollzeit-Mama?

KRISTIANE: Schön. Also es war anders. Also es war halt wirklich, wenn man drei kleine Kinder hat langweilig, ich hatte meinen geplanten, strukturierten Tag. Also es war anders. Ich habe quasi in Nußloch neu gestartet. Ich kannte niemanden. Also ich bin morgens aus dem Haus gegangen ins Büro und am Abend wiedergekommen. Ich hatte ganz, ganz wenige Kontakte. Also Freundeskreis ging noch gegen Null, als das erste Kind kann, und das habe ich mir dann halt aufgebaut. Also das hat sich bei mir so ein bisschen überschnitten, Kinderkriegen und soziales Umfeld aufbauen. Und es war einfach eine komplett andere Zeit. Also ich hatte in dem/ ging auch gar nicht, also es war ein Haken dran und ich wusste dann ich muss mich einfach umstellen und sagen: “Okay, jetzt ist halt zu Hause, Kinder und Haus bauen”, und das Ganze was man dann halt so tut in der Anfangsphase und das war auch Okay. Also es war jetzt nicht irgendwie, dass ich dann gehadert hätte. Also ich konnte den Schalter gut umlegen, weil das jetzt wirklich auch, den Job den ich hatte, das war eher ein Vernunftsjob, also da habe ich nicht gebrannt für.

PETER: Aber das finde ich jetzt ein spannendes Stichwort mit dem “Schalter umlegen”. Also praktisch von berufstätig auf Mutter. Wie hast du das gemacht? Wie macht man sowas?

KRISTIANE: Ich habe dieses strukturierte in mir, ich habe mir einfach ein neues Leben kreiert. Und ich musste es auch ein bisschen, weil am Anfang, klar das alleine zu Hause mit Kind, also die ersten Wochen waren nicht einfach. Also das war jetzt nicht, dass das alles lustig war. Unsere Erstgeborene war, was man heute, glaube ich, Schreibaby sagt, also die war nicht einfach. Und ich war wirklich allein. Ich hatte Niemanden. Also meine Eltern sind weit weg. Schwiegereltern weit weg. Also wir sind auch komplett alleine gestartet. Haben das Umfeld aufbauen müssen. Und die ersten Wochen/ ich habe mir einen ganz strikten Tagesablauf dann auferlegt, dass ich rausgehen muss, spazieren. Also ich habe mein Ingenieurswissen sozusagen in mein privates Leben geholt, und habe wirklich mir einen Tagesplan gemacht. Und habe dann wirklich jeden Tag das gleiche fast getan. Routinen mir erarbeitet. Und das hat mir gut getan. Und das hat den Kindern gut getan. Weil das war einfach eine Verlässlichkeit. Wir hatten unsere Abläufe. Ich konnte meinen Haushalt gut erledigen, ich konnte mich um soziale Kontakte kümmern, ich konnte mich ums Haus kümmern. Und dadurch ist das einfach entstanden, weil ich gesagt habe “ich plane mir das”. Weil ich vom Wesen her/ ich habe zwar viele Ideen, und ich hab auch viel gelesen, und viele Impulse mir geholt, aber ich habe trotzdem immer diesen Planer in mir, dieses strukturierte. Und das mir in der Zeit viel geholfen, ich gehe jeden Mittag spazieren, auch wenn mir nicht danach war, wenn ich hätte heulen können. Wenn mal alles blöd war, bin ich trotzdem rausgegangen.

PETER: Also hat dir diese Struktur, die du dir selber gestaltet hast, dich praktisch auch über schwierigere Zeiten hinweggetragen?

KRISTIANE: Ja, definitiv, weil ich habe die Entscheidung vorher getroffen und musste dann nicht mehr drüber nachdenken. Also das mache ich auch heute noch, wenn man einmal eine Entscheidung getroffen hat, zum Beispiel zu sagen, “Ich gehe jeden Mittag mit dem Kind spazieren”. Dann geht man einfach, dann muss man um zwei nicht mehr überlegen, “Gehe ich, oder gehe ich nicht?”.

PETER: Ja, das stimmt. Das erleichtert das auch ein bisschen.

KRISTIANE: Ja genau. Die Hemmschwelle ist dann einfach eine andere und das war dann auch einfach für mich erleichternd, weil ich dadurch mir ein Rahmen gegeben habe und dadurch sind auch viele Kontakte entstanden, weil ich auch einfach diese Regelmäßigkeit hatte und regelmäßig dann auch Leuten begegnet bin, die einen ähnlichen Rhythmus hatten und dann sind da einfach auch dann Sachen entstanden. Das hat wirklich mir geholfen. Sowohl im Privaten, als auch jetzt später im Beruflichen.

PETER: Spannend. Welche Auswirkungen hatte die Tatsache, dass ihr Kinder bekommen habt beziehungsweise drei Kinder bekommen habt, auf die Partnerschaft gehabt? Wie hat sich die Partnerschaft verändert?

KRISTIANE: Die Zeit wurde natürlich knapper. Ich muss auch gestehen wir haben ein bisschen, heut würde ich vielleicht sagen zu lange, gebraucht, um uns einen Babysitter zu holen, um wirklich zu sagen, wir machen wieder Paarzeit. Weil am Anfang, die drei Kinder, frisch im Job gestartet (Versprecher), Berufseinstieg, (lacht) und das Geld war knapp, Immobilie finanziert, und dann sind solche Sachen natürlich immer hinten ran gestellt worden. Und wir haben wirklich lange gebraucht um dann wirklich zu sagen: “Halt, stopp, bevor es hier ganz blöd wird und wir den Kontakt verlieren, wir brauchen wieder Paarzeit.“

PETER: Woran hast du das gemerkt, dass da etwas fehlt?

KRISTIANE: Es war viel Routine, wenig Spontanität, und es waren einfach/ ja, der Alltag. Es war immer, ich sage jetzt mal, oft nur Alltag und irgendwann wird es zu wenig und wir haben es einfach gemerkt. Die Kommunikation ist eingeschlafen. Oft wars halt auch so, mein Mann hatte eine Baustelle. Der ist am Dienstag gefahren und Donnerstagabend oder Freitag erst heimgekommen. Also ich war, habe manchmal dann auch gesagt, ich bin alleinerziehend mit drei Kindern. Fand er natürlich nicht so toll. Ich habe es manchmal aber so empfunden, weil er so viel gearbeitet hat. Und dann wurde manchmal auch nur über das Nötigste gesprochen und dann haben wir wirklich irgendwann gemerkt “Stopp, wir reden nicht mehr miteinander”. Oder wir reden nur noch über dieses Organisations-Familien-Management. Wir wissen nicht mehr was in unserem Leben passiert, sozusagen. Und haben dann wirklich gesagt, “Okay, wir müssen jetzt Geld investieren und uns einen Babysitter suchen und wirklich wieder zurückfinden, um gemeinsame Zeit zu verbringen.“ Wir hatten keine Oma in der Nähe, wo hätte mal einspringen können, oder auch mal unter der Woche. Ich hatte komplett immer das volle Programm. Und dann wars oft auch so, wenn man einen Babysitter brauchte, dann hat man den für so Sachen genutzt wie so Elternabende zum Beispiel, oder so andere Pflichttermine, wenn der Versicherungsfuzi kam, oder wenn irgendwelche andere Sachen kamen, dann hat man das da genommen, aber dieses Gönnen war am Anfang definitiv zu kurz. Also da haben wir lange gebraucht zu sagen, “Nein, wir müssen das machen, unsere Beziehungspflege, Self-care, sonst verlieren wir uns einfach im Alltag.“

PETER: Und als ihr das gemacht habt, habt ihr da auch gemerkt, dass das etwas bringt?

KRISTIANE: Ja, das war auch dann auch ganz schnell, dass wir gemerkt haben/ ich glaube, manchmal genügt es schon, den Fokus drauf zu haben. Und einfach mal drauf zu achten, wenn irgendwie das Glück, das Alltagsglück verschwindet, oder wenn die Unzufriedenheit kommt und man eigentlich denkt, “Hey, ich habe doch jetzt genau das, was wir wollten. Also Familienplanung lief genauso, wie wir das wollten. Und eigentlich ist doch alles so und trotzdem fühlt es sich jetzt nicht zu hundert Prozent gut an, woran liegt das?“ Und dann ist es oft auch so, dass wenn der Fokus einfach drauf ist, dann findet man auch die Lösung. Ich glaube viele Sachen entstehen einfach im Alltag, wenn man einfach in diesem Funktionsmodus ist. Gerade mit den Kindern, weil die fordern ja auch immer. Die sind ja immer präsent.

PETER: Genau, das ist auch der Job der Kinder (lacht).

KRISTIANE: Genau.

PETER: Ja. Was mich noch interessieren würde, was war so im Nachhinein für dich die größte Herausforderung oder das, wo du am wenigsten erwartet hättest, dass wenn man Kinder hat, dass es dann so läuft oder dass man es so erlebt?

KRISTIANE: Diese Fremdbestimmung. Also es gab schon immer mal Situationen, gibt es immer noch, also ich habe auch manchmal das Gefühl, dass das mit zunehmenden Alter der Kinder schwieriger und schlimmer wird. Dass man wirklich diese komplette Fremdbestimmung/ dass es immer wieder im Alltag Situationen gibt, die man nicht ändern kann. Also die muss man einfach annehmen, hinnehmen und drauf reagieren. Sei es ob ein Kind krank ist, ob Unterricht ausfällt, ob mit einem Verein irgendwas sich ändert, oder es sind so viele Kleinigkeiten, oder eine Geburtstagseinladung taucht zu spät auf, oder dieser Alltagskleinkram, der vieles dann doch durcheinander bringt. Und klar, mal drei. Da taucht schon immer mal was auf, wo man dann schon manchmal sagt, “Oh, man hat sich das so und so vorgestellt, und so soll der Tag laufen”. Und dann läuft es nicht so. Das ist schon eine Herausforderung. Mal mehr, mal weniger.

PETER: Um mit dieser Fremdbestimmung umzugehen, hast du da für dich eine Strategie entwickelt, die dir dabei hilft?

KRISTIANE: Zum einen habe ich wirklich auch gelernt, dass zu benennen. Also am Anfang war mir das auch im Umfeld total unangenehm, wenn ich jetzt zum Beispiel mal einen Termin absagen musste, weil ein Kind krank geworden ist. Das ist bei mir total selten vorgekommen, aber wenn es dann mal vorgekommen ist, war mir das so unangenehm. Weil ich konnte nicht reagieren. Ich muss das selber lösen. Also mein Mann/

PETER: Schlechtes Gewissen?

KRISTIANE: Schlechtes Gewissen, ja! Und dieses Gefühl dann auch, keinem Gerecht zu werden. Wenn ich es irgendwie anders organisiere, werde ich meinem Kind nicht gerecht, was ich nicht will, oder ich werde halt meinen Kunden oder meinem Chef nicht gerecht. Das war am Anfang schon schwierig. Und irgendwann habe ich dann gesagt: “So Stopp! Da kann keiner was dazu. Es ist jetzt einfach so. Das passiert jedem Mal. Ich könnte auch selber krank werden. Ja, also da muss nicht einmal ein Kind krank werden!” Und habe mir das zugestanden, auch einfach Mal sagen zu können: “So! Und jetzt ist es so. Ich muss einen Termin absagen, ich muss meine Pläne anpassen. Nicht nur ich muss flexibel sein, sondern manchmal ist es auch so, dass mein Umfeld flexibel sein muss.” Und das habe ich lernen müssen. Und irgendwann, mit zunehmender Übung, ich habe begonnen das bei Freunden einzusetzen, bei Familie und irgendwann konnte ich das dann halt auch bei Chefs und Kunden.

PETER: Und wie lange hast du dafür gebraucht?

KRISTIANE: Ich gestehe, Jahre! Und ich habe mir dafür auch professionelle Hilfe geholt. Ich habe das nicht alleine gemacht. Ich habe immer mir Unterstützer geholt, also sei es jetzt aus meinem privaten Umfeld, dass ich mich mit anderen Frauen, Müttern, Menschen in ähnlichen Lebenssituationen ausgetauscht habe und professionelle Hilfe.

PETER: Find ich sehr gut. Weil oft ist es ja so, dass es Situationen gibt, wo man nicht weiterkommt und da ist es wirklich sehr ratsam, sich wirklich professionelle Hilfe zu holen, weil das den Weg erleichtert.

KRISTIANE: Es ist auch eine Abkürzung.

PETER: Genau, genau. Was mich noch interessieren würde: Du hast erzählt, du warst praktisch Vollzeit-Mama, dein Mann hat Vollzeit gearbeitet und du hast dich auch, wie du erzählt hast, schon so ein bisschen auch alleinerziehend gefühlt. Mich würde viel mehr interessieren, wie hat das Umfeld reagiert auf diese klassische Rollenaufteilung?

KRISTIANE: Das war ganz spannend. Also am Anfang war ich, also ich war schon immer ehrenamtlich ziemlich engagiert im Kindergarten, Elternbeirat, und in allen möglichen Fußballvereinen, Vereinen immer ziemlich aktiv gewesen und ich habe oft gehört: “Ja du bist ja nur Mutter!” Und das war am Anfang für mich schon ein bisschen komisch, weil eigentlich hatte ich ja nicht vor, nur Mutter zu sein. Aber es war halt einfach so und ich hatte halt nun mal keine Oma in der Umgebung wie das andere, wenige Frauen/ also es war damals noch nicht so, dass fast alle oder viele gearbeitet, sondern die arbeitenden Mütter waren Ausnahmen, aber es war schon oft so, auch im Kindergarten, hieß dann oft: “Du bist ja nur Mutter, du kannst das ja alles machen!” Und dann habe ich wieder angefangen zu arbeiten, als der Jüngste drei war. Und dann war es auf einmal so: “Ja, sie haben sich ja entschieden. Sie sind ja jetzt berufstätig.” Dann waren die Kinder ja nichts mehr wert. Und dann habe ich die Kinder/ Also irgendwann hatte ich den Punkt, wo ich gesagt habe: “Wisst ihr was? Im Umfeld außen herum, je nachdem mit wem ich spreche, mache ich es immer falsch.” Also für die anderen mache ich es nie recht, ich muss es nur mir recht machen. Und das Umfeld war schon mal so, dass es gesagt hat: “Du bist ja nur Mutter und du langweilst dich ja den ganzen Tag!” So nach dem Motto: “Klar kannst du da im Kindergarten Ringelpiez mit Anfassen machen.” Oder dann umgekehrt zu sagen: “Du kümmerst dich ja nicht mehr um die Kinder, du arbeitest ja jetzt. Du hast dich ja dafür entschieden, berufstätig zu sein.” Und dann ist ja Familie nichts mehr. Dieses bewerten von außen hatte ich in beiden Richtungen. Und das war in beiden Richtungen nicht gerechtfertigt und hat mich auch nie weitergebracht. Das hat zwar immer was mit mir gemacht, dass man sowas gesagt kriegt, oder auch in manchen Situationen war es einfach blöd. Es löst dann natürlich schon ein schlechtes Gewissen, sowohl in der einen als auch in der anderen Richtung aus. Aber es hat für mich nie was geändert, was das Umfeld halt sagt und reagiert, weil ich wirklich die Erfahrung gemacht habe, „Egal was ich tue, ich mache es nie allen recht. Ich muss es nur mir und meiner Familie recht machen.“

PETER: Und wie ist dir das gelingen den Fokus von außen nach innen zu richten? Also auf dich? Was ist dir wichtig?

KRISTIANE: Das konnte ich schon immer ziemlich gut irgendwie zu sagen, was die anderen sagen, ist egal. Manche Sachen, die hatte ich einfach. Wir haben zum Beispiel, wir hatten so eine Sache: Wir sind ohne Kinder Motorrad gefahren, und dann haben uns alle gesagt: “Naja, wenn dann die Kinder da sind, dann ist das ja vorbei.“ Und da haben wir uns mit meinem Mann immer angeguckt und gesagt: “Wieso eigentlich?” So richtig verstanden/ jetzt warten wir mal ab! Wir werden auf keinen Fall die Motorräder verkaufen oder irgendwas jetzt warten wir mal ab und schauen, wie es sich entwickelt. Manche Sachen lösen sich ja von alleine auch auf. Und dann haben wir es die ersten Jahre einfach so gemacht, wir sind nur noch auf einer Rennstrecke gefahren, haben die Kinder mitgenommen und sind abwechselnd gefahren. Wenn der eine gefahren ist, hat der andere in der Box die Kinder betreut und umgedreht. Das haben wir zwei, drei Mal im Jahr gemacht und sind Straße gar nicht mehr gefahren. Und das war okay. Ganz lange. Irgendwann hatten wir da keine Lust mehr drauf. Irgendwann hat sich das so verändert, dass wir das selber gar nicht mehr wollten. Mein Mann hat dann angefangen, ab und zu mal wieder auf der Straße zu fahren; ich hatte gar keine Lust mehr, ich bin dann nochmal auf der Rennstrecke gefahren, ich habe mich dann auch wieder hinten drauf gesetzt. Es hat sich einfach verändert, aber wir haben das nie abhängig von den Kindern gemacht. Gar nie. Aber was natürlich war, wenn die Kinder in den Kindergarten kamen und von ihren Pfingstferien erzählt haben, dann war natürlich AufschrePETER: “Wie könnt ihr nur?” Das Umfeld hat uns immer bewertet und wir haben gesagt: “Okay. Wo ist der Unterschied? Also ob wir jetzt eine andere Form der Reise machen?” Für die Kinder war das unser Lebensmodel. Weil ich habe das immer gehört: “Wir konnten nicht wegen dir!” Meine Mutter und mein Vater waren sehr jung und das wollten wir für unsere Kinder nie. Wir wollten nie, dass sie mir irgendwann mal sagen: “Wir konnten das nicht wegen euch!” Wir haben umgestellt, aber wir haben uns nie ganz aufgegeben. Und da war uns das Drumherum auch egal, weil wir gewusst haben, wir können es nie allen recht machen. Gar nie!

PETER: Das ist das Spannende, was ich oft erlebe, dass man zwar Dinge nicht gleich machen kann wie vorher, aber das man sie anders machen kann und sie genauso viel Spaß machen.

KRISTIANE: Eben! Wir haben viele Sachen einfach angepasst. Wir sind schon immer gerne gelaufen. Und klar sind wir nicht mit 20 Kilometer Touren gestartet, sondern wir sind am Anfang halt drei Kilometer gelaufen. Und das haben wir gesteigert. Und inzwischen laufen wir eine ganze Woche am Stück und laufen im Schnitt zwischen 20 und 25 Kilometer am Tag mit den Kindern. Aber die sind da reingewachsen. Wir haben das halt am Anfang/ wir haben gesagt “Wir wollen das!” und auch wenn die Kinder jetzt manchmal gesagt haben: “Uhh, schon wieder Wandern?!” “Ja, that’s it!” Ich sage immer: “Wenn ihr erwachsen seid, 18, braucht ihr nie wieder Wandern!” Das ist okay so. Und wenn der eine es vielleicht übernimmt, dann ist es okay. Wenn ein anderer nicht/ Das ist halt, wo man sagt, man wächst in eine Familie rein und wenn die Eltern halt Maler sind, dann werden die Kinder halt mit Malen konfrontiert. Mit Sängern, mit Singen. Ich denke, für die Kinder ist das auch total egal.

PETER: Genau. Was macht ihr eigentlich, wenn ihr verschiedene Ansichten habt in Erziehungsfragen, du und dein Mann?

KRISTIANE: Das kommt halt immer drauf an, um was es sich handelt. Es gibt schon ein paar Sachen, wo man manchmal sagt: “Uh, da reagiert der eine so, der andere so!” Wir versuchen, den gemeinsamen Nenner zu finden und mal muss der eine zurück und mal der andere. Und bei manchen Sachen ist es auch einfach so, dass die Kinder ganz genau wissen, es gibt Mama-Regeln und es gibt Papa-Regeln.

PETER: Also jeder macht es unterschiedlich?

KRISTIANE: Ja. Und das können die auch ganz gut. Da wissen die auch ganz genau/ Das kommunizieren wir auch. Die haben da keine Chance, dass die uns jetzt gegeneinander ausspielen können oder so. Die wissen ganz genau, beim Papa dürfen wir das so und bei der Mama dürfen wir das so.

PETER: Ich möchte jetzt trotzdem nachhaken bei diesem Zurückstecken, was du erzählt hast vorhin, so einmal musst du zurückstecken, einmal muss dein Mann sich so ein bisschen zurücknehmen. Wie macht ihr das in einer Situation, wo du merkst, dein Mann macht etwas, wo du nicht so gut findest mit den Kindern und wie machst du das mit diesem Zurückhalten?

KRISTIANE: Also, wenn es jetzt nicht unmittelbar lebensbedrohend ist/

PETER: Davon gehe ich jetzt mal aus!

KRISTIANE: Wir hatten schon so Situationen, wir haben ein Kind, das ist unser Jüngster, der ist leicht unfallgefährdet. Der ist mit 16 Monaten vom Klettergerüst gefallen. Mit Klinik und richtig/ War nicht einfach und es ist hinterher alles wieder gut gewesen, aber das hat uns geprägt. Und da haben wir beide den Deal gemacht, zu sagen, wenn es um Vorsicht geht und um gefährlich, bin ich diejenige, die stoppt. Da muss mein Mann sich zurücknehmen. Wenn ich jetzt sage: “Nein, ist zu gefährlich/“ weil man ja manchmal so dieses Männer-Frauen-Ding hat. Da hat mein Mann irgendwann ganz klar gesagt, “Nein, ich schätze das gerne falsch ein”. Und sind immer mal Sachen passiert, Kleinigkeiten, wo er hinterher gesagt hat, “Ah, hätte ich nur auf dich gehört!”. Und da hat er für sich irgendwann gesagt: “Wenn du meinst, es wird gefährlich, es wird blöd, dann stoppst du, und dann nimmt er sich zurück”. Und das mache ich dann auch in der Situation, selbst wenn er sagt, „Du darfst das.“ Wandern, er holt das Taschenmesser raus und muss jetzt im Laufen schnitzen, ja. Und dann erlaubt das mein Mann, er fragt zum Beispiel: “Darf ich das Taschenmesser?”. Und dann sagt mein Mann “Ja”. Und ich sehe das und dann sage ich: “Stopp”. Also da fahre ich ihm auch in die Parade, aber das haben wir auch miteinander besprochen, das ist auch in Ordnung. Wenn das jetzt aber andere Sachen sind, die jetzt nicht gefährlich werden können, dann halte ich meinen Mund und wir klären das hinterher und sagen für die Zukunft regeln wir das so und so. Ja. Und bei anderen Sachen, da sagt mein Mann zum Beispiel, wo er sagt: „Du, wir machen das so und so.“ Er beschreibt mir dann die Sicherheitsmaßnahmen, zum Beispiel, „Er kriegt das Taschenmesser, aber nur im Stehen. Ich zeige ihm, dass er vom Körper weg schnitzen muss, und er kriegt eine Einweisung, und ich bin dabei, und, und, und. Und das erklärt er mir dann, und sage ich: “Okay, damit kann ich leben. Ich find es immer noch nicht toll, aber ich weiß du siehst mich, du hörst mich, du hast ein Auge drauf, dann ist das in Ordnung.”

PETER: Also ihr habt praktisch klare Abmachungen getroffen, an die sich beide halten in bestimmten Situationen.

KRISTIANE: Ja. Klar gibt es immer mal Situationen/ wir hatten zum Beispiel/ unsere Tochter ist 16. Bei einem Fest fragt die, ob sie ein Glas Sekt trinken darf. Und ich spontan erstmal: “Nein”, und mein Mann dann: “Warum nicht?”. Es entstehen schon manchmal so Situationen, wo wir uns dann angucken und genau wissen “Arrr!” (lacht). Das passiert schon. Aber in so grundsätzlichen Sachen, gerade so bei so wichtigen Sachen, die versuchen wir einfach vorher zu klären.

 

PETER: Jetzt ist das so, dass man als Eltern so verschiedene Phasen durchlebt mit den Kindern und in der Regel informiert man sich dann auch über die verschiedenen Phasen, wenn man irgendwie merkt: “Oh, da komm ich nicht weiter”. Wo hast du dich informiert? Beziehungsweise gibt es Bücher oder Hörbücher oder Blogs, die dir geholfen haben, mit bestimmten Dingen oder bestimmte Dinge zu klären?

KRISTIANE: Das war für mich immer sehr schwierig, weil ich habe zwar viel gelesen. Ich glaube, bei meinem Bücherregal steht jeder Erziehungsratgeber, aber auch aus dem Grund, dass ich mit keinem so richtig glücklich war. Also ich habe wahnsinnig viel gelesen, ich habe aber gemerkt, für uns als Familie hat nicht so richtig was gepasst. Also das waren immer so. Ich habe viele Sachen ausprobiert von Familienrat über/ ich habe immer gemerkt, “So richtig rund ist das alles nicht”. Und irgendwann habe ich angefangen, mir aus allem Rosinen zu picken und unser eigenes zu machen. Und das hat dann sehr, sehr viel gebracht und wir haben uns immer Hilfe geholt, wenn jetzt irgendwas war. Sei es, dass wir mal einen Kinderarzt gefragt haben, wo wir einfach Glück gehabt hatten, dass das gut gepasst hat von der Chemie her. Oder im Kindergarten, also wir hatten auch immer/ oder auch Lehrer. Wir haben da wirklich immer ganz, ganz großes Glück, dass wir ein Umfeld dort haben, wo wir immer Rat suchen konnten und auch zusammenarbeiten konnten. Weil oft ist es halt auch wirklich so, dass ein fremder Blick von zum Beispiel Erzieherinnen und Lehrern nochmal ganz anders ist, auch wenn man nicht hundert Prozent einer Meinung ist, sehen die trotzdem immer was anderes, wo man dann schon manchmal sagt, “Mh, guck da doch nochmal genauer hin.”

PETER: Super, danke. Was mich noch interessieren würde so ganz zum Schluss, und zwar sind bekanntlich Kinder so recht große Lernmeister. Sie bringen uns oft an die Grenzen, und dadurch haben wir auch natürlich auch die Chance etwas zu verändern oder etwas zu lernen. Was hast du von deinen Kindern gelernt? Eine Frage. Und die andere Frage vielleicht: Welche neuen Fähigkeiten hast du durch deine Kinder entdeckt oder aktiviert?

KRISTIANE: Geduld (lacht). Das ist immer noch mein Lehrmeister. Flexibilität. Also ich glaube, ich war schon immer recht flexibel, aber mit den Kindern, in der Konstellation, also auch in den Abständen war das nochmal eine andere Dimension, und dieses Sich-selbst-zurücknehmen-können. Pläne, die eigenen Pläne über Bord werfen, und einfach auch mal sagen: “Okay, Kind möchte jetzt lieber das und das, dann probiere ich das jetzt einfach mal aus.”

PETER: Was ja nicht immer so einfach ist.

KRISTIANE: Nein, ist wirklich nicht immer einfach. Vor allem für einen Planungsingenieur//

PETER: (lacht)

KRISTIANE: (lacht) //ist das wirklich oft eine Herausforderung und ich habe gelernt, das haben wir eigentlich als Familie gelernt, bei uns gibt es keine Kompromisse.

PETER: Was heißt das?

KRISTIANE: Wenn wir etwas nicht mögen, tun wir es für den anderen. Und das war früher, habe ich immer gedacht, man muss so diese Kröten schlucken und das dann gut finden. Also ein Kompromiss ist für mich immer so, hinterher muss man das gut finden. Man findet eine Lösung, und die muss man dann hinterher auch noch gut finden. Und das hat für uns hinterher nie so richtig gepasst. Und die Kinder haben aber immer Sachen eingefordert und irgendwann haben wir dann für uns dann gesagt: “Okay, ich finde Schwimmbad richtig blöd, ich mag eigentlich nicht ins Schwimmbad. Ich würde allein nie in Schwimmbad gehen, aber ich tue das für euch. Für uns als Familie. Für euch als Kinder.“ Und das kommunizieren wir auch so. Das hat den Vorteil, dass die Kinder zum einen wahrnehmen, dass wir ab und zu Dinge machen, die uns nicht Spaß machen, ihnen zuliebe. Sie tun das dadurch anders wertschätzen. Und sie wissen ganz genau, dass ist jetzt nicht so unbeschwert und anders, wie wenn wir jetzt zum Beispiel was machen, was mir total liegt. Wenn wir zusammen eine Runde spielen oder puzzeln oder wandern gehen. Dann wissen die, das ist was anderes. Sodass sie sich auch nicht wundern, wenn wir jetzt zum Schwimmbad gehen, das es einfach anders ist.

PETER: Dann können sie es auch anders einschätzen.

KRISTIANE: Genau. Und die wissen dann einfach: “Okay, Mama geht mit, damit wir dort hin gehen können, aber sie ist nicht die Spaßkanone wie sonst”. Und das ist schon was, was wir gelernt haben. Das konnten wir vorher nicht. Auch das wirklich zu sagen, “Ich mache jetzt was, was mir nicht gefällt, und ich darf das auch sagen. Und tu es trotzdem.“ Und, dass der andere das auch sieht. Und das haben wir alle. Manchmal weiß ich auch, meine Tochter muss da mit und ihr stinkt das total, aber sie tut es dann für uns und dann können wir das auch wertschätzen.

PETER: Schön. Das würde ich gerne so als Schlusssatz stehen lassen, ohne es zu kommentieren, weil ich das wirklich sehr schön finde, was ihr so miteinander ausgehandelt habt. Ich möchte mich auf jeden Fall bei dir bedanken, dass du dir Zeit genommen hast, uns deine Erfahrungen mit deinen Kindern und Familie mit uns zu teilen. Ich werde alle Informationen über dich, über deinen Blog, über deinen Job, den du machst, wie du Menschen hilfst, diese Ideen zu sortieren und so weiter, in die Shownotes packen, und dann kann man sich gerne mit dir in Verbindung setzen. Auf jeden Fall vielen Dank, Kristiane, und liebe Grüße.

KRISTIANE: Ich danke und ja, vielen, vielen Dank.