Kann man von Kindern lernen? Als Erwachsene kann man leicht in Versuchung geraten sich „über“ die Kinder zu stellen. Schliesslich sind wir „die Grossen“, die Erfahrenen, diejenigen, die mehr wissen.
Selbst wenn das nicht wertend gemeint ist, sondern als reine Tatsache hingestellt wird, kann uns der Fehler unterlaufen, dass wir Kinder unterschätzen und ihre besonderen Stärken verkennen.
Ich stelle immer wieder fest, dass Kinder, teilweise trotz widrigster Umstände, viele Ressourcen und Schutzmechanismen haben, die uns Erwachsenen leider oft verlorengegangen sind.
Ich bin der Meinung, dass wir mehr von Kindern lernen können als uns zuweilen bewusst ist.
Lassen Sie sich beschenken und entdecken Sie 12 Ressourcen, die für Kinder alltäglich sind.
Kinder leben im Hier und Jetzt
Kinder leben die aktuellen Momente teilweise so intensiv, dass sie alles um sich herum vergessen können. Der Zukunft begegnen sie ohne Vorbehalte und mit einer Neugierde, die uns Erwachsene manchmal auch besorgt stimmt.
Selbst sehr schwierige und traurige Erlebnisse können Sie manchmal über Stunden einfach vergessen. Vor allem ihre Gefühlswelt ist stark im Hier und Jetzt verhaftet. Daher sind Kinder oft nicht lange nachtragend.
Dieses Sein im Hier und Jetzt müssen wir Erwachsene uns oft erst wieder hart „erarbeiten“. Dabei können wir von Kindern einiges lernen, denn mittlerweile wissen nicht nur spirituelle Führer wie heilsam und gesundheitsfördernd dies ist.
Mein Mann beschreibt in seinem Artikel Flow: Was ich von meiner Tochter lernen kann, wie wunderbar unsere Tochter in einer ihrer Tätigkeiten aufgehen kann und wie schwer er als Erwachsener sich damit tut. Warum eigentlich?
Kinder erleben und zeigen ihre Gefühle unmittelbar und „echt“
Kinder drücken ihre momentanen Gefühle manchmal so heftig und direkt aus, dass von Aussen betrachtet sofort klar ist, wie es ihnen geht.
Kennen Sie das?
Bei kleineren Kindern werden Gefühle oft auch noch direkt ins Verhalten übertragen: Die Enttäuschung wird zum heftigen Trotzanfall, die Wut zu einem Faustschlag, die Freude zu einem aufgedrehten Händeklatschen, die Eifersucht zu einem Wegschupsen der Schwester,…
Kinder müssen lernen alle diese Gefühle richtig einzuordnen und angepasste Reaktionen zu zeigen.
Leider lernen sie fälschlicherweise aber allzu oft auch, dass ihre Gefühle falsch sind, oder sie lernen Gefühle so stark zu unterdrücken, dass sie irgendwann als Erwachsene gar keinen Zugang mehr zu ihren Emotionen mehr finden…
Kinder zeigen aber nicht nur ihre Gefühle sehr direkt, sondern sie spüren auch oft sehr genau wie es uns als Eltern geht. Selbst dann, wenn wir es vor ihnen verbergen möchten. Im Artikel Empathie: Kinder spüren uns mehr als uns zuweilen lieb ist – Helfen Sie Ihren Kindern mit diesen Gefühlen umzugehen, können Sie nachlesen, wie viel Kinder mitkriegen und wie Sie ein kinds- und emotionsgerechte Sprache finden.
Kinder haben Humor und können herzhaft lachen
Kinder lachen über kleinste Begebenheiten und sie können auch über sich selber lachen.
Haben Sie schon einmal beobachtet wie herzhaft bereits Kleinkinder lachen können?
Oder ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass Kinder (wenn sie in einem gesunden Umfeld aufwachsen) viel öfter und eher lachen als Erwachsene?
Wenn Sie wissen, wie heilsam lachen ist, dann muss man sich schon fragen, warum viele Erwachsene nichts mehr zu lachen haben…
Kinder sind unglaublich mutig
Täglich stellen sich Kinder neuen Herausforderungen und unbekannten Situationen.
Wenn wir uns mal vorstellen, auf wie viele neue Situationen sich Kinder tagtäglich einlassen müssen, kann ich nur staunen, mit wie viel Mut sie jeden Tag meistern.
Ein kleines banales Beispiel unserer Tochter soll dies verdeutlichen:
Der erste Schultag. Alles ist neu: die meisten anderen Kinder, die Lehrpersonen, das Schulzimmer, die Gerüche, die Anforderungen an das Kind, die Erwartungen,…
Und die Kinder schicken sich da – zumeist sogar mit grosser Freude – einfach so in diese Situation rein.
Nach zwei Lektionen im neuen Zimmer, am neuen Pult, … meint die Lehrerin: „So, jetzt dürft ihr in die Pause, viel Spass!“. Ein Kind hebt die Hand: „Frau Lehrerin, wo ist denn der Pausenplatz?“
Kinder wollen (es) wissen
Kinder stellen im Tag dutzende Fragen; schauen mit grossen neugierigen Augen in die Welt.
Sie stellen auch viele Fragen, auf die wir häufiger keine Antwort kennen und uns Erwachsene mit unserer Beschränktheit konfrontieren.
Eine kleine Auswahl schöner Kinderfragen finden Sie hier: KINDERFRAGEN
Beschämt stelle ich fest, dass ich diese Fragen gar nicht mehr stelle, sondern vieles einfach so hinnehme. „Das ist einfach so. “
Da ich es immer wieder erschreckend finde, wie wenig Erwachsene mit Kindern sprechen oder dass sie einfach annehmen, Kinder würden etwas sowieso nicht verstehen, habe ich in meinem Artikel 7 Gründe, warum Sie mit Ihrem Kind möglichst viel sprechen sollten! – Und warum das bereits im Babyalter wichtig ist! deutlich gemacht, das und warum es für die Kindererziehung unglaublich wichtig ist, dass man über praktisch alles mit den Kindern spricht.
Kinder haben einen starken eigenen Willen
Wenn sich ein Kind etwas in den Kopf gesetzt hat, dann kann es alles daran setzen diesen Wille durchzusetzen. Kinder zeigen dabei zuweilen auch vollen Körpereinsatz: Schreien, kämpfen, weinen, betteln, verhandeln, …
Sehr oft höre ich von Eltern: „Wissen Sie, unser Sohn / unsere Tochter hat einen ausgeprägten (überdurchschnittlichen) starken Willen.“
Ich bin der Meinung, dass alle (gesunden) Kinder einen unglaublich starken Willen haben.
Dies erleben die meisten Eltern immer wieder als sehr anstrengend und herausfordernd. Wie viel positives Potential in diesem Willen jedoch steckt, scheinen wir dabei leicht zu vergessen.
Dabei ist es gerade dieser (Eigen)Wille, der die Kinder zu eigenständigen, neugierigen, aufgeschlossenen und starken Kindern werden lässt.
Ein spannender Artikel dazu (Huffington Post):
Kinder mit starkem Willen sind ein Segen und kein Fluch
Kinder sind ausdauernd
Kinder können sehr hartnäckig und lange an etwas festhalten, das sie wollen (manchmal auch dann wenn sie sich was in den Kopf gesetzt haben, was uns weniger lieb ist).
Und mit unglaublichem Ehrgeizig üben sie neue Entwicklungsschritte immer und immer wieder.
Nie mehr werde ich zum Beispiel die erste Woche vergessen, als unser 2 ½ jährige Sohn keine Windeln mehr brauchte bzw. selber beschloss, dass er keine Windeln mehr wolle.
Wir mussten in dieser Zeit auf jede Toilette, die es in der Nähe gab. Selbst im Einkaufzentrum musste die Toilette ausprobiert werden… Oder als er das Treppenlaufen lernen wollte:
Immer wieder mussten wir die Treppe rauf- und runtergehen. Ohne diese Ausdauer und den Willen würden wohl kaum so enorme Entwicklungsschritte möglich sein.
Kinder spielen
Die Spiele der Kinder sind weit mehr als nur belanglose, sinnlose „Kinderspiele“.
Durch das Spielen verarbeiten Kinder Erlebtes, üben neue Rollen und Verhaltensweisen ein und sie machen sich so immer mehr vertraut mit der Welt.
Ich habe oft erlebt, wie Kinder traumatische Erfahrungen im Spiel immer und immer wieder durcharbeiten und so verarbeiten.
Im Rollenspiel wählen Kinder oft die Rollen, die sie im täglichen Leben wünschen oder noch nicht so gut beherrschen (ängstliche Kinder spielen den starken Tiger), so können sie neue Erfahrungen sammeln, ein neues Gefühl entwickeln und ihren Selbstwert stärken. – Das „so tun als ob“ ist also viel mehr als nur ein Kinderspiel, es ist ein unglaublich wertvolles Arbeitsinstrument.
Was können wir von Kindern lernen?
Natürlich müssen (und wollen!) Kinder noch einiges lernen. Sie müssen zum Beispiel lernen ihre Gefühlsausbrüche besser zu kontrollieren, mehr vorauszuplanen, etwas vor- und umsichtiger durch die Welt zu gehen, weniger direkt zu sein, die Welt auch aus anderen Perspektiven zu sehen usw.
Das Beste ist:
Ich habe gelernt(!), dass ich sehr viel von meinen eigenen Kindern, meinen Therapiekindern und Nachbarskindern lernen kann.
Sie sind und waren für mich immer wieder die besten „Lehrmeister“.
Wenn man die „natürlichen Anlagen“ des Kindes genauer betrachtet, kann man feststellen, dass Kinder das mitbringen, was wir Erwachsene oft wieder lernen müssen.
12 Ressourcen, die Sie von Kindern lernen können.
- Leben Sie mehr im Hier und Jetzt. Geniessen Sie den Augenblick!
- Seien Sie achtsam gegenüber dem Moment und Ihrer aktuellen Tätigkeit.
- Seien sich achtsam gegenüber sich selber und Ihren Gefühlen! Nehmen Sie bewusster wahr, wie es Ihnen geht, was Sie fühlen und welche Bedürfnisse Sie haben.
- Stehen Sie zu Ihren Gefühlen! Teilen Sie Ihren wichtigsten Bezugspersonen Ihre Gefühle mit. Zeigen Sie Ihre Gefühle offen und ehrlich, denn Ihre Gefühle sind nie falsch, unangemessen kann höchstens die gezeigte Reaktion oder das Verhalten sein.
- Denken Sie weniger nach. Vertrauen Sie mehr auf Ihre Intuition und Ihr Gefühl.
- Was bringt Sie zum Lachen? Entdecken Sie Ihren Humor. Lachen Sie auch mal über sich selber. Merken Sie wie befreiend das ist?
- Seien Sie wieder vermehrt neugierig und mutig. Erlauben Sie sich kritische Fragen.
- Achten Sie auf Verhaltensmuster, die immer gleich und womöglich sogar destruktiv ablaufen. Verändern Sie etwas.
- Gehen Sie Ihrer Angst vor der Veränderung an.
- Geben Sie nicht zu rasch auf. Bleiben Sie hartnäckig dran. Man muss 100 mal hinfallen bevor man laufen kann!
- Betätigen Sie sich kreativ. Werden Sie verspielter und weniger kontrolliert. Entdecken Sie neue, kreative Lösungen.
-
Tun Sie mal so als ob Sie … wären oder als ob Sie … bereits könnten. Was wäre anders?
All das ist bereits in uns angelegt. All das haben wir als Kind gelebt. Denn Kinder sind Kinder, d.h. sie sind (noch viel stärker als Erwachsene) einfach sich selber und machen sich noch kaum Gedanken, was von ihnen erwartet oder erwünscht wird.
Daher kurz zusammengefasst:
Erlauben Sie sich wieder mehr „wie ein Kind“ Ihre innere und äussere Welt zu erfahren. Erlauben Sie sich, sich selber zu sein und nicht nur das zu sein, was von Ihnen erwartet wird.
Ihre Sara Michalik
Foto: pixabay.com/
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